Interview mit David Martyr, CEO

Wir betrachten M&A als einen Katalysator für unser Kerngeschäft, und unsere Entwicklung hin zu einem Lösungsanbieter soll dadurch unterstützt werden.

Dr. David Martyr
CEO

Dr. David Martyr, CEO der Tecan Group, trat im Oktober 2012 in das Unternehmen ein. Er berichtet hier über sein erstes volles Jahr in dieser Position, erklärt die Unternehmensstrategie und wirft einen Blick in die Zukunft von Tecan.

2013 war Ihr erstes vollständiges Jahr bei Tecan. Wie würden Sie es zusammenfassen?

Ich betrachte 2013 zumindest teilweise als ein Jahr des Übergangs für Tecan. Wir haben uns stark auf unsere operativen Prioritäten konzentriert und dabei grosse Fortschritte erzielt. Am Markt hingegen hatten wir mit schwierigen Bedingungen zu kämpfen, wie unser Brief an die Aktionäre zeigt. Dementsprechend konnten wir unsere Finanzziele nur zum Teil erreichen. Die Fortschritte, die wir 2013 im operativen Bereich verzeichnet haben, tragen jedoch bereits dazu bei, ein solides Fundament für Tecan zu schaffen. Einer der Höhepunkte des Jahres war sicherlich, dass die Entwicklung des Dako Omnis erfolgreich abgeschlossen und das Produkt am Markt eingeführt werden konnte. Die Partnerschaft mit Dako ist sehr wichtig für uns und wir hoffen, auf diesem Produkt aufbauen zu können.

In meinem ersten vollen Jahr bei Tecan hat es mich beeindruckt, über wie viel technische Kompetenz und welch breites Know-how wir im Unternehmen verfügen. Ich bin allerdings eine Person, die schnelle Fortschritte sehen will, und denke, dass wir mehr tun können, um das Tempo zu erhöhen. Meine zahlreichen Kundenkontakte in diesem Jahr haben mir auch gezeigt, wie stark die Marke Tecan ist. Wir müssen nun auf der grossen Loyalität unserer Kunden aufbauen, indem wir unsere Innovationen beschleunigen und gleichzeitig die führende Position von Tecan am Markt stärken.

Sie haben die Unternehmensstrategie verfeinert. Was sind deren Hauptelemente?

Ein wichtiges und unmittelbar umzusetzendes Element unserer Unternehmensstrategie ist, dass wir unsere Schlüsselprojekte erfolgreich abschliessen, die Produkte optimal vermarkten und deren Herstellung nach der Markteinführung erfolgreich hochfahren. Dies zeigt sich deutlich an der Auswahl unserer Prioritäten für 2013 und 2014. Daneben haben wir geprüft, wie wir externes Wachstum einbeziehen können, um unser geplantes organisches Wachstum zu ergänzen, und wie wir unseren Umsatz in Asien weiter erhöhen können. Wir sehen dafür einiges Potenzial, insbesondere in China. Unser Partnering Business verzeichnet seit mehreren Jahren Zuwächse. Hier arbeiten wir vor allem daran, unsere bestehenden Partnerschaften auszubauen und weltweit neue hinzuzugewinnen. In unserem Life Sciences Business wiederum haben wir klar definiert, dass wir uns Schritt für Schritt zu einem Lösungsanbieter mit einem höheren Anteil wiederkehrender Umsätze entwickeln wollen und dass wir umsichtig in eng angrenzende Segmente unserer aktuellen Produktbereiche expandieren werden.

M&A spielen eine wesentliche Rolle in Ihrer Strategie. Wie weit ist der entsprechende Prozess fortgeschritten?

2013 lag die Priorität darin, das richtige Team zusammenzustellen – das ist uns mittlerweile gelungen. Klaus Lun, Head of Corporate Development, ist im Juni 2013 zu uns gestossen. Klaus Lun und ich haben bereits bei Danaher zusammengearbeitet und während dieser Zeit einige Akquisitionen erfolgreich durchgeführt. Seit September ist das Team komplett und mit den erforderlichen Kompetenzen und Erfahrungen ausgestattet: Es verfügt über wissenschaftliches Verständnis, umfassende Branchenkenntnisse, Finanz-Know-how sowie Projektleitungs- und Transaktionserfahrung.

Wir werden unseren M&A-Prozess sehr strukturiert und diszipliniert umsetzen. Gleichzeitig gibt unsere Unternehmensstrategie vor, worauf wir uns konzentrieren müssen. Wir haben uns intensiv mit der Analyse der verschiedenen Märkte befasst und verfügen nun über ein gutes Verständnis der Bereiche, denen wir uns widmen wollen. Damit haben wir einen ersten Filter bei allen sich bietenden Gelegenheiten: Denn wenn ein Markt nicht in unserem Fokus liegt, steigen wir erst gar nicht in einen Prozess ein. Wenn der Markt interessant für uns ist, evaluieren wir in einem nächsten Schritt, ob ein spezifisches Unternehmen oder Produkt einen geeigneten Zugang zum jeweiligen Markt bietet. Wir prüfen, ob die Chance besteht, die Akquisition mit zusätzlichen Transaktionen zu ergänzen, um eine starke Marktposition aufzubauen. Wir haben bereits strukturierte Listen mit möglichen Übernahmekandidaten erstellt und zahlreiche Unternehmen bestimmt, die wir im Auge behalten wollen. Mit einigen spezifischen Optionen haben wir uns auch schon im Detail beschäftigt, da die entsprechenden Unternehmen zu unserer Strategie passten. Die Risiken oder Preiserwartungen waren dann aber doch zu hoch. Dies zeigt, wie strukturiert und diszipliniert wir unseren M&A-Ansatz umsetzen.

Auf welche Unternehmen und Märkte zielen Sie ab?

Wir betrachten M&A als einen Katalysator für unser Kerngeschäft, und unsere Entwicklung hin zu einem Lösungsanbieter soll dadurch unterstützt werden. Eine Komplettlösung beinhaltet dabei nicht nur Instrumente und eine dedizierte Software, sondern auch Verbrauchsmaterialien und Reagenzien für ausgewählte Anwendungen. Einige der Unternehmen, die uns interessieren, sind stark auf Verbrauchsmaterialien und Reagenzien ausgerichtet. Aber um eines klarzustellen: Wir haben kein Interesse an Investitionen in Standardreagenzien. Vielmehr konzentrieren wir uns auf Anwendungen, bei denen es naheliegt, dass Tecan solche Lösungen anbietet. Zudem beobachten wir auch Märkte, die nicht weit von unseren heutigen Geschäftsfeldern entfernt sind. Tecan ist entscheidend an zahlreichen Workflows in der Life-Science-Branche beteiligt. Ein Fokus wird weiterhin auf der Probenvorbereitung im Allgemeinen und spezifisch auf einigen wachstumsstarken Segmenten wie der Gen-Sequenzierung, der Massenspektrometrie und anderen Bereichen liegen. Hier sind zahlreiche Unternehmen aktiv, die sich in Privatbesitz befinden und eine spezifische Applikationsnische oder nur eine bestimmte Region abdecken. Hier sehen wir Potenzial, uns beispielsweise durch mehrere Transaktionen ein interessantes Produktportfolio zu sichern, das wir dank unserer weltweiten Präsenz optimal nutzen können. An dieser Stelle möchte ich betonen, dass wir eher an Reagenzien für die Forschung und angewandte Märkte interessiert sind und nicht planen, mit unseren Kunden aus dem Partnering Business bei diagnostischen Tests zu konkurrieren.

Neben diesen angrenzenden Märkten sind wir auch an Instrumenten interessiert, die unser bestehendes Portfolio an Liquid-Handling- und Detektionsprodukten mit einem dritten oder vierten Standbein ergänzen können.

Wie ist Tecan für M&A-Transaktionen positioniert und auf welche Unternehmensbewertungen achten Sie?

Tecan ist meiner Meinung nach gut positioniert. Wir verfügen über die finanziellen Möglichkeiten und die erforderliche Grösse, um Transaktionen durchzuführen und eine erfolgreiche Integration und weltweite Vermarktung sicherzustellen. Beispielsweise gibt es zahlreiche Übernahmeziele, die einen Umsatz von bis zu CHF 50 Mio. generieren und für uns sehr attraktiv wären. Viele grosse Konzerne haben diese Unternehmen nicht auf dem Radar und werden sie daher nicht genau untersuchen. Unser Ziel ist es, dass wir durch die Analyse der verschiedenen Märkte und die gezielte Auswahl von Übernahmekandidaten die bestmögliche Ausgangsposition haben, wenn diese dann zum Verkauf stehen. Bei einigen Privatunternehmen möchte vielleicht der Besitzer in den Ruhestand gehen oder das Unternehmen ist regional an seine Wachstumsgrenzen gestossen. Wir sind der Ansicht, dass wir in einer starken Position sind, ihnen darzulegen, dass ihre Produkte bei uns sehr gut aufgehoben wären – und dass wir in ihren Augen ein attraktiver Käufer sind. Aus finanzieller Sicht interessieren wir uns für Unternehmen mit einer guten Grundrentabilität, da wir mit einer Akquisition nicht unsere Margen verwässern wollen. Wir wollen zudem eine ansprechende Investitionsrendite erzielen und befolgen daher einen äusserst strukturierten und disziplinierten Prozess. Auf keinen Fall sind wir bereit, einen überhöhten Preis zu zahlen.

Das mittelfristige Ziel bis 2015 sieht einen beträchtlichen Umsatzsprung gegenüber den vergangenen Jahren vor. Wie wird Tecan dies erreichen?

Wir sind der Meinung, dass wir die erforderlichen Wachstumsbausteine definiert haben, mit denen wir die für 2015 gesetzten mittelfristigen Ziele erreichen können. Sie wurden Anfang 2013 festgelegt und haben sich trotz der widrigen Marktbedingungen im Berichtsjahr kaum verändert. Diese Bausteine sind: Umsetzung unserer grossen Projekte im Partnering Business, insbesondere die Absatzsteigerung der Dako Omnis und ORTHO Vision™ Instrumente nach ihrer Markteinführung; fortgesetztes Wachstum in China; weiterer Ausbau unseres Verbrauchsmaterialien- und Servicegeschäfts, eine Erholung im Life Sciences Business und Wachstum dank neuer Produkte; anhaltendes Wachstum in unserem Komponentengeschäft; und die weitere Umsetzung unserer Projekte im Partnering Business, die wir teilweise bereits 2013 gewonnen haben und für die wir 2015 mit dem Vermarktungsbeginn rechnen. Gemeinsam bieten uns diese Bausteine solide, konkrete Chancen, sodass wir überzeugt sind, unsere mittelfristigen Wachstumsziele erreichen zu können.